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1 EINFÜHRUNG
2 DERZEITIGE PRIORITÄTENSETZUNG IN HESSEN
3 ANFORDERUNGEN AN DAS SYSTEM
4 FUNKTIONSWEISE DER RECHNERGESTÜTZTEN STEUERUNG DER AUFSICHTSTÄTIGKEIT
5 LEISTUNGSMERKMALE
6 VORAUSSETZUNG FÜR DEN EINSATZ DER RSA
6.1 Anpassung der vorhandenen Software
6.2 Die Gefährdungskategorien
6.2.1 Einstufung der Betriebe bei Einführung der RSA
6.2.2 Einstufung der Betriebe aufgrund von Revisionsergebnissen
6.2.3 Beispielhafte Einteilung der Betriebe
6.3 Ermittlung der Randbedingungen
6.3.1 Abschätzung der benötigten Zeit je Revision und Größenordnung des Betriebes
6.3.2. Ermittlung der verfügbaren Zeit für die gesamte Revisionstätigkeit
7 ANWENDUNG DER RECHNERGESTÜTZTEN STEUERUNG DER AUFSICHTSTÄTIGKEIT (RSA)
7.1 Eingabe der Randbedingungen
7.2 Prioritätensetzung
7.3 Erläuterung des Berechnungsschemas
7.4 Einsatz von ASCA-Checks und Sonderprogrammen in der RSA
8 AUSBLICK AUF DIE ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNG


1 Einführung


Gemäß §7 der Dienstanweisung für die Hessische Arbeitsschutzverwaltung haben die Aufsichtsbeamten/-innen die ihrer Aufsicht unterliegenden Anlagen und Arbeitsstätten regelmäßig zu besichtigen. Die Häufigkeit der Revisionen richtet sich vor allem nach dem Grad der Gefährdung oder der sonstigen Beeinträchtigungen für Beschäftigte und Dritte. Besonderheiten, wie erheblich erhöhte Unfall- und Gesundheitsgefahren, besonders gefährliche Anlagen, die Verwendung besonders gefährlicher Stoffe oder die Häufung von Verstößen, erfordern zusätzliche Revisionen.

Vor diesem Hintergrund gilt es zunächst zu untersuchen, in wieweit eine Regelmäßigkeit der Betriebsbesichtigungen überhaupt möglich ist. In Hessen sind ca. 175.000 Betriebe mit mindestens einem Arbeitnehmer registriert. Davon wurden 1994 laut Jahresbericht der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung 8.500 Betriebe aufgesucht. Dies bedeutet aber noch nicht, dass diese Betriebe im Zusammenhang mit dem Besuch auch revidiert wurden, denn teilweise sind darin auch Betriebsbesuche, die lediglich zur Feststellung führten, dass der Betrieb geschlossen war oder der Betrieb nicht mehr existiert, oder Betriebsbesuche, die zur Abklärung spezieller Fragen durchgeführt wurden, enthalten. Bezogen auf die 175.000 Betriebe wären daher regelmäßige Betriebsrevisionen nur alle 20+x Jahre möglich.
 
Nach §7 Abs. 2 der Dienstanweisung sind "gefährliche" Betriebe häufiger zu revidieren. Damit verkürzt sich der Abstand zwischen zwei Revisionen auf (20+x)-y Jahre. Dies bedingt aber auch aufgrund der begrenzten Kapazität eine Verlängerung der Revisionsabstände für die restlichen Betriebe auf (20+x)+y Jahre. Die Größenordnung der y-Werte ergibt sich aus den jeweiligen Prioritäten, die einzelnen Betrieben eingeräumt werden.
 
Die Prioritätensetzung erfolgt in den verschiedenen Bundesländern und den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten auf unterschiedliche Art und Weise.
 
Prinzipiell lassen sich dort zwei unterschiedliche Modelle finden. Zum einen wird die Revisionstätigkeit nur durch Sonderprogramme gesteuert, und zum anderen erfolgt die Steuerung durch Festlegung von Revisionsabständen für bestimmte Betriebe in Abhängigkeit der Betriebsgröße und der Gefährdung. Bei beiden Modellen wird ein Großteil der Betriebe mit Sicherheit nicht bzw. nur teilweise revidiert. Nach dem Hamburger Modell werden Kleinbetriebe zum Beispiel nur dann kontrolliert, wenn Auffälligkeiten bekannt werden. Revidiert man die Betriebe nach diesem Kriterium, indem man nur dem öffentlichen Skandal bzw. den Anzeigen von Arbeitnehmern und Nachbarn nachgeht, so werden die latenten Gefährdungen, die in ihren Auswirkungen keinesfalls geringer zu werten sind, nicht erfasst. Damit nimmt man sich zumindest die Möglichkeit, dass auch die verborgenen Verstöße entdeckt werden können. Gerade in Zeiten der hohen Arbeitslosigkeit oder Rezession werden sich die meisten betroffenen Beschäftigten überlegen, ob sie eine Anzeige bei der Arbeitsschutzbehörde machen oder nicht.
 
 

2 Derzeitige Prioritätensetzung in Hessen

 
Die hessische Arbeitsschutzverwaltung verfährt zurzeit nach einem gemischten System aus beiden o.a. Modellen.
 
Zum einen werden die Prioritäten durch den Geschäftsverteilungsplan festgelegt, in dem die Zuständigkeiten für Betriebe je nach Wirtschaftsklasse auf das vorhandene Aufsichtspersonal verteilt werden. Auch die Vergabe von Zuständigkeiten für Grundsatzfragen und Sonderaufgaben soll unter Berücksichtigung der Prioritäten erfolgen. Weiterhin wird besonderen Problemen im Arbeitsschutz durch Sonderprogramme begegnet, die besondere Aufsichtsmaßnahmen unabhängig von der "Routineaufsichtstätigkeit" auslösen.
 
Eine gesteuerte Prioritätensetzung erfolgt in der Praxis jedoch kaum, weil der Geschäftsverteilungsplan eine relativ starre Einrichtung darstellt, die überwiegend die Spezialisierung der einzelnen Aufsichtsbeamten auf bestimmte Wirtschaftszweige berücksichtigt. Bei der Verteilung von Grundsatzfragen und Sonderaufgaben wird in der Regel zwar auf die subjektive Auslastung der einzelnen Beamten geachtet, jedoch bleibt die Erfüllung der Aufsichtspflicht nach bestimmten Prioritäten, wie es in §7 der Dienstanweisung festgelegt ist, dabei unberücksichtigt. Dies ist mitunter auch durch die bisher fehlende Datenerfassung und Datenauswertung bedingt.
 
Entwicklung der Revisionstätigkeit Die derzeitige Entwicklung (Abb. 1) ist mehr und mehr durch die Abnahme der Revisionstätigkeit als Folge der Zunahme von sonstigen Aufgaben für die Arbeitsschutzverwaltung gekennzeichnet. Wirkt man dieser Entwicklung nicht entgegen, so kann am Schluss kaum noch von einer Regelmäßigkeit in der Überwachung gesprochen werden. Selbst die Prioritätensetzung aufgrund der subjektiven Einschätzung des jeweiligen Aufsichtsbeamten für Betriebe seiner Zuständigkeit ist nicht mehr möglich, da er nur noch einen Bruchteil seiner Betriebe während seiner Amtszeit revidieren kann. Zudem zeichnet sich auch ab, dass sich die Revisionstätigkeit erfahrungsgemäß nur noch auf sehr wenige Betriebe konzentriert, die wieder und wieder revidiert werden.

Abb. 1 Entwicklung der Revisionstätigkeit

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, muss ein System geschaffen werden, das die verbleibenden knappen Ressourcen an Aufsichtskapazität so verwaltet und steuert, dass eine echte Prioritätensetzung mit zeitnaher Einflussnahme zur effektiven Aufsichtstätigkeit gewährleistet ist.


3 Anforderungen an das System

 
Zunächst müssen zur Erfüllung der gewünschten Eigenschaften die 175.000 Betriebe in Abhängigkeit von ihrer Betriebsgröße und ihrem Gefährdungspotential einem Raster (Abb. 2) zugeordnet werden können.
 
Die Logik gebietet, dass Betrieben mit wenigen nicht gefährdeten Beschäftigten eine geringere Priorität eingeräumt werden sollte als Betrieben mit vielen stark gefährdeten Beschäftigten. Als Maß für die Priorität kann hierbei die Zeit dienen, die für die Revisionstätigkeit in einem Betrieb zur Verfügung gestellt wird.
 
Eine proportionale Aufteilung der verfügbaren Zeit über alle Gefährdungspotentiale hinweg ohne Berücksichtigung der Verteilung der Betriebe im Raster würde im Extremfall, bei einer sehr großen Zahl von Betrieben mit sehr hohem Gefährdungspotential, zwangsläufig dazu führen, dass solch einem einzelnen Betrieb weniger Zeit zugewiesen wird als einem Betrieb mit geringerem Gefährdungspotential.
 
 
Da zumindest eine variierende Verteilung der Betriebe im Raster zu erwarten ist, muss von dem System auch eine flexible Prioritätensetzung in Abhängigkeit der Verteilung ermöglicht werden, um diesem Effekt entgegenzuwirken zu können. (Abb. 3)

Eine strikte Einhaltung der zugewiesenen Zeit kann aufgrund der großen Anzahl der Betriebe ebenfalls unzweckmäßig sein, weil es kaum Sinn macht, dass allen Betrieben gleicher Größenordnung und gleichem Gefährdungspotential beispielsweise jeweils nur 0,5 Stunden zur Verfügung gestellt werden können. Daher muss das System nicht nur in der Lage sein, den einzelnen Betrieben Revisionszeiten zuzuordnen, sondern es muss die Revisionsbedürftigkeit des einzelnen Betriebes auch in Abhängigkeit zur vergangenen Zeit seit der letzten Revision setzen können. Durch diese Verknüpfung ist es möglich, die Priorität nicht allein nur an der zugewiesenen Zeit festzumachen, sondern auch an der Häufigkeit, in der ein Betrieb revidiert wird. Damit wäre auch die Forderung aus §7 Abs. 2 der Dienstanweisung erfüllt. Ein Vergleich der Verknüpfungsergebnisse der verschiedenen Betriebe ermöglicht dann die Aufstellung einer echten Prioritätenliste, die nicht nur das Gefährdungspotential und die Anzahl der betroffenen Beschäftigten berücksichtigt, sondern auch den zeitlichen Abstand zur letzten Revision.
 
Im Laufe der Zeit muss im Rahmen der gesteuerten Revisionstätigkeit die Zuordnung der Betriebe zu den entsprechenden Rasterfeldern, die zu Beginn aufgrund der fehlenden Detailkenntnisse von den einzelnen Betrieben lediglich branchenbezogen erfolgen kann, ständig aktualisiert werden können.
 
Dies bedingt, dass die Betriebe aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse evtl. einer anderen Gefährdungskategorie oder einer anderen Betriebsgröße zugeordnet werden müssen. Zukunftsweisend ist auch die Einstufung eines Großbetriebes der Betriebsgrößenordnung I oder II in verschiedene Rasterfelder möglich, da die Einstufung in ein einziges Rasterfeld gegebenenfalls nicht der möglichen Gefährdung der betroffenen Beschäftigten entspricht. Ein Großbetrieb setzt sich in der Regel aus Verwaltungs-, Produktions- oder sonstigen Abteilungen mit unterschiedlichen Gefährdungspotentialen zusammen. Dies erfordert, dass der Betrieb durch Gliederung in Teilbetriebe mit diesen Teilen unterschiedlichen Rasterfeldern zugeordnet werden sollte, wodurch eine Annäherung an eine arbeitnehmer- und nicht branchenbezogene Gefährdungsabschätzung erreicht werden kann (Abb. 4). Aus Kosten/Nutzen Gründen in der damit erforderlichen Softwareumstellung wird auf diese Forderung zunächst verzichtet werden müssen.
 
Eine der wichtigsten Anforderungen an das System ist ein minimaler Verwaltungsaufwand zur Aktualisierung der Daten, um die ohnehin schon stark eingeschränkte Revisionstätigkeit nicht noch weiter zu reduzieren.
 
 

4 Funktionsweise der rechnergestützten Steuerung der Aufsichtstätigkeit (RSA)

 
Unter Beachtung der vorstehenden Anforderungen ergibt sich zunächst folgende prinzipielle Funktionsweise der rechnergestützten Steuerung der Aufsichtstätigkeit (RSA) (siehe Abb. 5):

 
Zunächst muss nach Verknüpfung der Betriebsstätten-Datenbank mit einem Tabellenkalkulationsprogramm mittels Datenbankabfrage das vorher erläuterte Raster ausgefüllt werden. Das heißt, in jedes einzelne Rasterfeld wird die Anzahl der entsprechend dotierten Betriebe eingetragen.
 
Dann erfolgt nach Eingabe der Randbedingungen, wie z.B. benötigte durchschnittliche Zeit für eine Revision und verfügbare Zeit insgesamt, die Festlegung der Priorität. Durch flexible Gewichtung der Faktoren kann man die Prioritätensetzung der jeweiligen Zielsetzung der Arbeitsschutzverwaltung anpassen. Mit dieser Vorgabe wird durch das Kalkulationsprogramm für jedes Rasterfeld ein Prioritätenmultiplikator in den vorgenannten Abhängigkeiten berechnet. Dieser wird dann jedem einzelnen Betrieb in der Datenbank zugeordnet. Hieraus wird unter Berücksichtigung der seit der letzten Revision verstrichenen Zeit ein sogenannter RSA-Index ermittelt. So erhält der Betrieb mit der höchsten Revisionsbedürftigkeit den größten RSA-Index. Der RSA-Index dient daher bei der Erstellung von Prioritätenlisten als Sortierkriterium.
 
Da ein nicht unwesentlicher Anteil der Revisionen durch externe Einflüsse ausgelöst wird (Bekanntwerden von Auffälligkeiten), muss das System auch solche Gesichtspunkte berücksichtigen. Daraus folgt, dass die Prioritätenliste keine Revision erzwingen darf. Es kann sich also nur um einen Vorschlag handeln, der in der Regel befolgt werden sollte.
 
Dazu sieht das System vor, dass die Beschäftigten der Aufsichtsbehörde einen Betrieb ihrer Wahl aus der Prioritätenliste, die nach einer SQL-Abfrage der Datenbank über einen Drucker ausgegeben wird, auswählen können. Dieser Ausdruck kann auch als Dokumentation dienen, warum Betriebe der höchsten Priorität nicht besichtigt werden bzw. wurden. Andere Ausgabeformen, wie z.B. die Auswahl eines Betriebes aus der Prioritätenliste am Bildschirm durch den Beschäftigten der Aufsichtsbehörde mit anschließender Ausgabe einer Liste mit den revisionsbedürftigsten Betrieben in einem Umkreis von x km zu dem ausgewählten Betrieb. Dies wurde aber aus Kostengründen durch die damit verbundene erforderliche Softwareprogrammierung wieder verworfen. Künftig ist diese Lösungsmöglichkeit aber durchaus gegeben. Eine ausführliche Erläuterung der Funktionsweise des Systems ergibt sich aus dem Kapitel Anwendung der rechnergestützten Steuerung der Aufsichtstätigkeit (RSA).

5 Leistungsmerkmale

 
Durch die rechnergestützte Steuerung der Aufsichtstätigkeit (RSA) wird die Arbeitsschutzverwaltung in die Lage versetzt, durch Prioritätensetzung weiterhin Revisionen mit einer gewissen Regelmäßigkeit so durchzuführen, dass für gefährliche Arbeitsplätze kürzere Revisionsintervalle gewährleistet sind.
 
Durch Berücksichtigung der erreichten Arbeitnehmer pro Revision ist eine effektive Nutzung der Ressourcen möglich.
 
Noch während der Festlegung von Prioritäten kann man sofort die Auswirkungen auf die jeweiligen Revisionsabstände ermitteln, womit eine echte Prioritätensetzung erfolgen kann.
 
Durch sekundenschnelle Aktualisierung der Datenbank und Neuberechnung der RSA-Indizes kann die Revisionstätigkeit zeitnah beeinflusst werden. Inwieweit ein zu schneller Wechsel in der Prioritätenänderung aber hinsichtlich der Aufsichtstätigkeit sinnvoll erscheint, obliegt demjenigen der die Prioritäten setzt. Durch einen zu schnellen Wechsel nimmt er sich die Möglichkeit dieses Organisationsmittel auch als Instrument im Controlling sinnvoll einzusetzen.
 
 

6 Voraussetzung für den Einsatz der RSA

6.1 Anpassung der vorhandenen Software

 
Vor Einführung des Steuerungssystems sind zunächst einige Voraussetzungen zu erfüllen. Zuerst muss die IFAS-Datenbank mit einer Tabellenkalkulation verknüpft werden, um die in der Datenbank ermittelte Anzahl der Betriebe in das entsprechende Rasterfeld der Tabellenkalkulation zu übertragen. Wenn in der Tabellenkalkulation aufgrund der eingegebenen Werte der Prioritätenmultiplikator errechnet wurde, muss der Datenbestand in IFAS aufgrund des errechneten Multiplikators aktualisiert werden.
 
Eine Verknüpfung der Datenbank mit einer Tabellenkalkulation stellt keine Schwierigkeit dar, weil diese bereits z.B. für die Auswertung der Daten für den Jahresbericht der Arbeitsschutzverwaltung genutzt wird. Bei dem Tabellenkalkulationsprogramm handelt es sich um die Standardsoftware Microsoft Excel.
 
Die Datenbank, die seit der Einführung von IFAS zur Verfügung steht, muss um folgende Datenfelder erweitert werden:
 
- Gefährdungskategorie für jeden Betrieb
- letztes Abschlußrevisionsdatum für jeden Betrieb (z.B. bei mehrtägigen Revisionen)
- Prioritätenmultiplikator für jeden Betrieb
- RSA-Index für jeden Betrieb
 
Auch die Benutzeroberfläche des Informationssystems IFAS muss entsprechend angepasst werden. Danach müssen folgende Eingaben ermöglicht werden:
 
- Eingabefeld für die Gefährdungskategorie von 1 bis 5 für jeden Betrieb (dies kann durch ein bisher noch verstecktes aber vorhandenes Eingabefeld erfolgen).
- Gesamtbesichtigung abgeschlossen (Dies kann durch Einfügen einer entsprechenden Tätigkeit in der Tätigkeitenliste für den Außendienst eingefügt werden).
 
 

6.2 Die Gefährdungskategorien

 
Bei der Definition der Gefährdungskategorien ist besonders das Handling in der Praxis zu beachten, da durch komplizierte Verfahren zur Bestimmung der Gefährdungskategorie die ohnehin knappen Ressourcen schnell aufgebraucht wären und somit keine Zeit für Revisionen zur Verfügung stehen würde.
 
Daher wird das Gefährdungspotential zunächst in 5 Kategorien unterteilt (1 bis 5). Hierbei handelt es sich um zwei Extremwerte, einen Mittelwert und eine Abstufungsmöglichkeit zum jeweiligen Extremwert.
 
 

6.2.1 Einstufung der Betriebe bei Einführung der RSA

 
Bei der Einführung des Systems stehen keine auszuwertenden Massendaten zur Verfügung, die Auskunft über die tatsächliche Gefährdungskategorie des Betriebes bzw. Betriebsteiles geben könnten. Daher muss die Einteilung der Betriebe in Gefährdungskategorien zunächst aufgrund der Zugehörigkeit zu den jeweiligen Wirtschaftsklassen erfolgen. Hier wurden im Vorfeld die Erfahrungen der Aufsichtsämter dazu genutzt, die EU-Wirtschaftsklassen entsprechend dem Gefährdungspotential den einzelnen Gefährdungskategorien zuzuordnen. Eine Einstufung in die beiden Extremwerte ist bei Einführung der RSA jedoch nicht sinnvoll, da eine globale Einstufung der Betriebe aufgrund der Wirtschaftsklassenzugehörigkeit keine derartig extreme Einstufung rechtfertigt. Damit bleiben für die Einstufung der Wirtschaftsklassen nur noch drei Kategorien übrig. Dies erleichtert es auch den Beschäftigten, die Wirtschaftsklassen so in Relation zueinander zu setzen, dass diese den 3 Kategorien zugeschrieben werden können.
 
Dabei ist das Gefährdungspotential zu beachten, dass die jeweilige Wirtschaftsklasse repräsentiert. Jede Wirtschaftsklasse besteht aus charakteristischen Produktions- und Tätigkeitsbereichen, die unterschiedliche Gefahren in sich bergen. Um nur einige Beispiele zu nennen: Baugewerbe (Absturzgefahren); Schreinereien (Holzstaub, offene schnell bewegte Teile); Bäckereien (heiße Oberflächen im Tätigkeitsbereich, Mehlstaub); Asbestsanierung (krebserzeugende Gefahrstoffe); VbF-Läger (Explosionsgefahren, Brandgefahren); Verwaltungen (ergonomische Gesundheitsgefahren). An dieser Stelle wird sehr schnell deutlich, dass eine Definition des Gefährdungspotentials aufgrund von fest vorgegebenen Ursachen sehr schnell dazu führt, dass nicht alles entsprechend berücksichtigt wird, zumal es als äußerst schwierig gestaltet, die verschiedenen Ursachen in Relation zueinander zu setzen. Z.B., wie wird das Vorkommen eines Gefahrstoffes im Vergleich zu offenen schnell bewegten Teilen in Bezug gesetzt, oder wie wird eine Dampfkesselanlage im Vergleich zu einer Müllsortieranlage gesehen.
 
Wesentlich einfacher gestaltet sich daher die Einteilung nach der möglichen Wirkung auf den Menschen. Setzt man voraus, dass bei Vorschriftenkonformität die Gefahr für den Menschen minimiert ist, so gilt es doch zu betrachten, welche Auswirkungen mögliche bzw. übliche Regelverstöße haben. Dabei ist es zweckmäßig sich an der britischen Norm BS 8800 dem "Leitfaden für Arbeitsschutzmanagementsysteme" auszurichten. Dort wird beispielhaft das Ausmaß des möglichen Gesundheitsschadens wie folgt beschrieben:
 
Schwere Schäden: Amputationen; Vergiftungen; mehrere Verletzungen gleichzeitig; tödliche Verletzungen;
berufsbedingte Krebserkrankungen; die Lebenserwartung rapide herabsetzende Krankheiten; akute tödliche Krankheiten
Mittlere Schäden: Riss- oder Schnittwunden; Verbrennungen; Gehirnerschütterungen; ernsthafte Verstauchungen, kleinere Knochenbrüche;
Schwerhörigkeit bis hin zum Gehörverlust; Hautentzündungen; Asthma; arbeitsbedingte Erkrankungen der oberen Gliedmaße; Erkrankungen, die zu einer bleibenden leichten Behinderung führen
Leichte Schäden: oberflächliche Verletzungen; leichte Schnittwunden und Hautabschürfungen; durch Staub bedingte Irritationen der Augen
leichte/lästige Beschwerden und Irritationen (z.B. Kopfschmerzen); Erkrankungen, die mit Beschwerden verbunden sind.
 
Unter Berücksichtigung des allgemeinen Standes der Technik in der jeweiligen Wirtschaftsklasse, den dort üblichen Mängeln (z.B. unzureichende Absturzsicherung bei Dachdeckern, fehlende Absaugung in Bäckereien) oder der wirtschaftsklassenspezifischen Akzeptanz des Arbeitsschutzes sollte es möglich sein, eine für den Einstieg in das System relativ realistische Einteilung vornehmen zu können.
 
Sicherlich werden Betriebe damit zunächst falsch eingestuft werden, aber dieser Mangel kann durchaus im Extremfall durch den Sachbearbeiter aus seinem Erinnerungsvermögen heraus, weil er den Betrieb "gut" kennt, oder aufgrund von Revisionen behoben werden. Die Tatsache, dass aufgrund der langen Revisionsabstände einige Betriebe auch auf lange Sicht gesehen falsch eingestuft bleiben, kann meines Erachtens akzeptiert werden, da dies trotzdem noch eine bessere Lösung als die derzeitige Situation darstellt, in der viele Betriebe gar nicht beurteilt werden.
 
Ist das System längere Zeit eingeführt, so wird die Einteilung in Gefährdungskategorien aufgrund von Erkenntnissen aus den jeweiligen Revisionen vorgenommen sein. Mit den dort gewonnenen Informationen lassen sich auch Ein- bzw. Umstufungen verschiedener Betriebe in die beiden Extremwerte begründen.
 
 

6.2.2 Einstufung der Betriebe aufgrund von Revisionsergebnissen

 
Die Einteilung der Betriebe aufgrund von Revisionsergebnissen kann ebenfalls nur aus der subjektiven Einschätzung der einzelnen Aufsichtspersonen heraus erfolgen, die dies vor Ort unter möglichst geringem Zeitaufwand durchführen müssen. Eine wissenschaftliche Detailabschätzung unter Berücksichtigung aller Einflussfaktoren kann aufgrund der knappen Zeit nicht geleistet werden. Selbst vom Unternehmer, der aufgrund des Arbeitsschutzgesetzes zur Beurteilung jedes einzelnen Arbeitsplatzes verpflichtet ist, wird im Sinne der europäischen Gesetzgebung keine wissenschaftliche Ausarbeitung über jeden einzelnen Arbeitsplatz verlangt. Eine Ausnahme bildet die Störfallverordnung (diese Anlagen sind in einem abschließendem Katalog definiert), die aufgrund der besonderen Gefährlichkeit eine umfangreiche Sicherheitsanalyse einfordert. In etwas abgeschwächtem Rahmen gilt dies auch für Gefahrstoffe, wo durch eine Gefährdungsanalyse die Gefahren ermittelt werden müssen. Keines dieser Verfahren führt aber letztlich dazu, dass sich der festgestellte Gefährdungsgrad von verschiedenen Betrieben vergleichen lässt.
 
Bei der Bewertung der möglichen Auswirkungen (schwerer, mittlerer oder leichter Schaden) unter Beachtung der folgenden Faktoren sollte man aber dennoch in der Lage sein, den Betrieben ein Gefährdungspotential zuzuordnen, das der Realität weitgehend entspricht, und zum anderen einen Vergleich der Betriebe zueinander zulässt.
 
Bei den Faktoren handelt es sich um:
 
- die Anzahl der betroffenen Beschäftigten
- die Anzahl der gefährdeten umliegenden Bevölkerung
- die Häufigkeit und Dauer der Aussetzung der Gefährdung
- den Ausfall von Werks- oder Maschinenkomponenten und Sicherheitseinrichtungen
- Einwirkung von Umwelteinflüssen
(z.B. Nässe, Kälte oder Hitze bei Arbeiten im Freien)
- vorhandene persönliche Schutzausrüstung und deren Akzeptanz
- gefährliche Handlungen durch Personen, die
* die Gefährdung nicht kennen,
* das notwendige Wissen nicht mitbringen,
* die Gefahr unterschätzen (man sieht, riecht und schmeckt nichts) oder
* den Vorteil von sicheren Arbeitsverfahren unterschätzen
 
Für die Definition der Gefährdungskategorien ergibt sich damit für das erste Kriterium die Einteilung hohes, mittleres und niedriges Gefährdungspotential.
 
Durch Kombination des Gefährdungspotentials mit der Eintrittswahrscheinlichkeit lassen sich schließlich alle fünf Gefährdungskategorien definieren. Dazu ist vorher noch das Kriterium der Eintrittswahrscheinlichkeit näher zu betrachten.
 
Zur Festlegung der Eintrittswahrscheinlichkeit wurde der Ansatz gewählt, dass bei Vorschriftenkonformität der Schadenseintritt als unwahrscheinlich gilt. Eine Abstufung der Eintrittswahrscheinlichkeit aufgrund der Häufigkeit von Vorschriftenverstößen ist im Zusammenhang mit der Revisionstätigkeit unpraktisch, da in diesem Fall automatisch ein Verwaltungshandeln ausgelöst wird, das die Vorschriftenkonformität wieder herstellt. Gleichfalls ist durch die zu erwartende Entwicklung der zukünftigen Arbeitsweise der Arbeitsschutzverwaltung die Einzelfallüberwachung (=Feststellung aller Mängel) nicht mehr in vollem Ausmaß erwünscht, so dass ein Vergleich der Betriebe untereinander aufgrund der Mängelhäufigkeit nicht mehr gegeben ist. Vielmehr wird diese durch die Systemüberwachung, die Kontrolle des Arbeitsschutzmanagementsystems und die gesundheitsorientierte Beratung gekennzeichnet sein.
 
Daher ist die Betrachtung der Dauer und des Umfangs der Vorschriftenkonformität von größerem Interesse. Hier ist die Qualität des Arbeitsschutzmanagements ein sehr hilfreiches Kriterium. Denn bei sehr gutem Arbeitsschutzmanagement ist auch eine langfristige Einhaltung der Pflichten aus den Gesetzen, Verordnungen und anderen Vorschriften zu erwarten. Stellt man jedoch fest, dass keine funktionierende Arbeitsschutzorganisation vorhanden ist oder die Unternehmensphilosophie keine dauerhafte Besserung erwarten lässt, kann davon ausgegangen werden, dass die durch Verwaltungshandeln eingeforderten Maßnahmen innerhalb kürzester Zeit nicht mehr eingehalten werden. In diesem Fall sollten dann kürzere Revisionsintervalle ausgelöst werden. Damit ergibt sich für das zweite Kriterium ebenfalls eine dreiteilige Abstufung (Schadenseintritt langfristig, mittelfristig und kurzfristig unwahrscheinlich).

Demnach ergibt sich für die Definition der Gefährdungskategorien die Einteilung entsprechend Abb. 6


Jede ausführlichere Ermittlung würde in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen, wenn man bedenkt, wie selten man ein und denselben Betrieb revidieren kann und wie schnell sich die Bedingungen vor Ort ändern können. Die Einstufung aufgrund von wissenschaftlich ermittelten Faktoren und Einflüssen läuft Gefahr, innerhalb kürzester Zeit nicht mehr mit der Realität über einzustimmen, so dass sich ein großer Aufwand für Detailermittlungen nicht lohnt.
 
Der wesentliche Vorteil der Einstufung des Betriebes direkt im Anschluss an eine Revision ist zudem im unverfälschten Erinnerungsvermögen einer Datenbank begründet. Das Argument, "das haben wir bisher auch schon so gemacht", kann damit nur eingeschränkt gelten. Richtig ist, dass auch bisher eine subjektive Gefährdungsabschätzung von jedem Beamten getätigt worden ist, jedoch verlieren sich im Laufe der Zeit viele Erinnerungen, womit eine objektive Aufstellung einer Prioritätenliste nicht mehr möglich ist. Weiterhin war es bisher auch nicht möglich die Einstufungen zu vergleichen, da es an einer einheitlichen Grundlage mangelte, an der man sich ausrichten konnte.
 
 

6.2.3 Beispielhafte Einteilung der Betriebe

 
Hierbei handelt es sich lediglich um eine sehr grobe Abschätzung, die für den Einsatz der RSA in der Praxis nicht geeignet ist. Dazu sind, wie bereits oben erwähnt, nicht Wirtschaftszweige sondern Wirtschaftsklassen den einzelnen Kategorien zuzuordnen. Für die weitere Erläuterung der Funktionsweise der RSA reicht diese aber als Zahlenbeispiel aus.
 
Die Abschätzung wurde mittels der Jahresstatistik der gewerblichen Berufsgenossenschaften aus 1994 in Verbindung mit den Daten aus dem Jahresbericht der hessischen Arbeitsschutzverwaltung von 1994 vorgenommen.
 
In der Jahresstatistik der gewerblichen Berufsgenossenschaften wurden folgende Auswertungen, die dort aufgeschlüsselt nach 14 Wirtschaftszweigen und auf je 1000 Beschäftigte bezogen dargestellt werden, berücksichtigt:
 
- Arbeitsunfälle
- Arbeitsunfallrenten
- tödliche Unfälle
- Berufskrankheiten-Anzeigen
- anerkannte Berufskrankheiten
 
Damit diese Einflussfaktoren miteinander verknüpft und gewichtet werden können, wird für die einzelnen Wirtschaftszweige getrennt für jede Auswertung eine Rangfolge aufgestellt. Durch die anschließende Gewichtung des Ranges und Summierung dieser Zahlen erhält man dann eine Gesamtrangfolge der Wirtschaftszweige, die beispielhaft Auskunft über das Gefährdungspotential gibt.
 
Die Gewichtung des Ranges für die obigen Kriterien
 
- tödliche Arbeitsunfälle Rangplatz x 2
- Arbeitsunfallrenten Rangplatz x 1,5
- Arbeitsunfälle Rangplatz x 1
- anerkannte Berufskrankheiten Rangplatz x 1
- Berufskrankheiten-Anzeigen Rangplatz x 0,5
 
ergibt folgende daraus resultierende Gesamtrangfolge der Wirtschaftszweige :
 
1. Bergbau
2. Bau
3. Steine und Erden
4. Holz
5. Verkehr
6. Metall
7. Nahrungs- und Genussmittel
8. Chemie
9. Gas und Wasser
10. Feinmechanik und Elektrotechnik
11. Papier und Druck
12. Textil und Leder
13. Handel und Verwaltung
14. Gesundheitsdienst
 
Jetzt ergibt sich die Schwierigkeit, die Wirtschaftszweige entsprechend ihrem Rangplatz den Gefährdungskategorien 2, 3 und 4 zuzuordnen. Daher müssen Schnitte in der Rangliste gemacht werden, anhand derer die Einteilung vorgenommen werden kann (siehe Abb. 7).
 
Ein erster Schnitt ergibt sich zunächst vor dem Wirtschaftszweig Handel und Verwaltung, da spätestens hier mit großer Wahrscheinlichkeit eine Einstufung in die Gefährdungskategorie 4 gerechtfertigt ist. Der zweite Schnitt (Kategorie 2 bzw. 3) wird von mir vor der Nahrungs- und Genußmittelindustrie gesetzt, da im nachfolgenden Bereich die Einstufung in die Gefährdungskategorie 2 vermutlich nicht gerechtfertigt ist. Dies gilt insbesondere im Vergleich zu den anderen Branchen der Kategorie 2.


Die Anzahl der Betriebe, die sich aus dieser Einteilung ergibt, konnte anhand des Jahresberichtes 1994 ermittelt werden. Hierbei ist allerdings zu erwähnen, dass die Baubranche nicht berücksichtigt wird, da die meisten Arbeitnehmer dort auf Baustellen beschäftigt werden, die durch Baustellenkontrollen abgedeckt werden. Die Betriebe selbst sind eher der Kategorie 4 zuzurechnen, da es sich dort in der Regel um Arbeitsplätze mit Verwaltungs- und Planungstätigkeit handelt.
 
 
 

6.3 Ermittlung der Randbedingungen

 
Eine weitere Voraussetzung für die Anwendung des RSA-Systems ist die sogenannte Einstiegsermittlung. Zunächst ist die durchschnittlich benötigte Zeit für eine Revision je nach Größenordnung des Betriebes zu finden. Weiter ist die verfügbare Zeit zu ermitteln, die für die Revisionstätigkeit pro Jahr zur Verfügung steht bzw. stehen soll. Diese Größen werden nach Einführung eines Controllingsystems durch dieses bestimmt werden können.
 
 

6.3.1 Abschätzung der benötigten Zeit je Revision und Größenordnung des Betriebes

 
Vor der Abschätzung der benötigten Zeit für eine Revision ist zu definieren, was im Umfang der Revisionstätigkeit enthalten ist. Die Revisionstätigkeit soll im Folgenden die Punkte Vorbereitung, die Revisionstätigkeit selbst (incl. dispositive Zeiten), die Nachbereitung (Verwaltungshandeln incl. Revisionsschreiben) und die Verfolgung der Mängelabstellung beinhalten.
 
 
Unter Beachtung dieser Definition wird folgender Zeitbedarf für die Revisionstätigkeit in den Betrieben der verschiedenen Größenordnungen als angemessen erachtet:
 
 

6.3.2 Ermittlung der verfügbaren Zeit für die gesamte Revisionstätigkeit

 
Eigene Erfahrungen und Erfahrungen anderer Bundesländer machen sehr schnell deutlich, dass durch eine breite Palette von zusätzlichen Aufgaben in der Arbeitsschutzverwaltung die verfügbare Zeit für Revisionstätigkeiten erheblich eingeschränkt wird. Aber gerade wenn nur ein Bruchteil der Gesamtkapazität für Revisionen zur Verfügung steht, dient die RSA in der Arbeitsschutzverwaltung als äußerst effektives Hilfsmittel. Denn je weniger Zeit vorhanden ist, desto wichtiger ist es, bei der Auswahl der Betriebe mit möglichst wenig Verwaltungsaufwand diejenigen herauszufiltern, die die staatliche Aufsicht am meisten erfordern. Im Rahmen der folgenden Erläuterungen der RSA wird daher nur 10% der Gesamtkapazität zum Ansatz gebracht, um zu verdeutlichen, dass auch hier noch eine echte Steuerung möglich und sinnvoll ist.
 
Die verfügbare Zeit für die gesamte Revisionstätigkeit ist aufgeschlüsselt nach Tagen pro Jahr vom Anwender zu ermitteln.
 
Wenn man davon ausgeht, dass nach Abzug von Fehlzeiten 200 Technische Aufsichtspersonen zusammen ca. 44250 Tage im Jahr zur Verfügung stehen, ergibt das bei 10% eine Revisionskapazität von 4425 Tagen pro Jahr.
 
 

7 Anwendung der rechnergestützten Steuerung der Aufsichtstätigkeit (RSA)

 
Das Herzstück der RSA ist die Eingabemaske des Tabellenkalkulationsprogramms. Hier können alle Eingaben gemacht werden, die für die Festlegung der Priorität des jeweiligen Rasterfeldes nötig sind. Der große Vorteil dieser Eingabemaske ist, dass noch während der Prioritätensetzung die Auswirkungen kontrolliert werden können.
 
 
 

7.1 Eingabe der Randbedingungen

 
In der Eingabemaske werden zunächst die oben ermittelten Randbedingungen entsprechend nebenstehender Abbildung in die hellen Felder eingetragen. Die römischen Ziffern bezeichnen dabei die Größenordnung der Betriebe bzw. der Teilbetriebe.
 
Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse aus einem Controllingmechanismus in den Aufsichtsämtern werden diese Zahlen ständig aktualisiert werden. Dies erfordert, dass sie nicht durch eine einmalige Vorgabe in der Berechnung des RSA-Index berücksichtigt werden, sondern mittels Eingabemaske bei jeder neuen Prioritätensetzung geändert werden können.
 
Das 'Muss' der flexiblen Eingabe der verfügbaren Gesamtzeit versteht sich von selbst. Denn durch sich ändernde Aufgaben für die Arbeitsschutzverwaltung wird sie einem ständigen Wandel unterworfen sein. Das 'Muss' der flexiblen Eingabe der benötigten Zeit für eine Gesamtrevision ist ebenso erforderlich, weil diese bei der Verteilung der verfügbaren Zeit das Ergebnis wesentlich beeinflusst.
 
 

7.2 Prioritätensetzung

 
n der Gesamtzeit für Revisionstätigkeiten sind sowohl die Zeiten für die Mehraufwendungen der ASCA-Untersuchungen, die sich aus dem umfangreicheren Prüfumfang ergeben, als auch die Zeiten für durchzuführende Sonderprogramme enthalten. D.h., dass sich die Zeiten für Routinerevisionen nochmals um einen Anteil reduzieren, der durch anderweitige Zielvereinbarungen oder Zielvorgaben festgelegt wird. Diese Zeiten werden zwar auch im Rahmen der Überwachung zur Abdeckung besonderer Probleme im Arbeitsschutz oder zur eingehenden Prüfung des Arbeitsschutzmanagements in einem Betrieb genutzt, können aber im ersten Fall aufgrund ihres sehr speziellen Prüfinhalts oder im zweiten Fall aufgrund ihres erheblich größeren Verwaltungsaufwands nur zum Erreichen bestimmter Ziele verwendet werden. Die für routinemäßige Untersuchungen verbleibende Differenz wird nach Eingabe der o.g. Zeiten automatisch berechnet und direkt angezeigt. wie es in der nebenstehenden Abbildung (Abb. 12) dargestellt ist. Auch hier können die Eingaben nur in den hell unterlegten Feldern vorgenommen werden. Die im Feld Routinerevisionen angezeigte verfügbare Zeit (in diesem Beispiel "2025 Tage") ist dann der Ausgangswert bei der weiteren Verteilung der Zeiten.
 
Diese Verteilung kann allerdings erst nach erfolgter Gewichtung der Gefährdungskategorien und der Gewichtung der Betriebsgröße erfolgen, die im Folgenden behandelt wird. Dazu stehen die Eingabefelder entsprechend Abb. 13 zur Verfügung.
 
 
Durch Gewichtung sowohl der Gefährdungskategorien als auch der Betriebsgrößenordnung mit einem Faktor zwischen 1 und 100 ähnlich einem Schieberegler lässt sich die Zeit prozentual auf die verschiedenen Felder des vorne beschriebenen Rasters verteilen. Der Vorteil der Eingaben in Zahlen von 1-100 ermöglicht die einfache Umsetzung von Relationen. Das heißt, dass die Einstellung, dass z.B. in einem Betrieb der Kategorie 2 fünfmal mehr Revisionen durchgeführt werden sollen, als in einem Betrieb gleicher Größe der Gefährdungskategorie 3, sehr einfach eingestellt werden kann.
 
Da die Verteilung der Zeit von der Anzahl der Betriebe in den jeweiligen Rasterfeldern abhängig ist, kann die tatsächliche prozentuale Aufteilung der Zeit direkt neben den Eingabefeldern abgelesen werden.
 
Im abgebildeten Beispiel bedeutet das: Der Gefährdungskategorie 1 wird trotz der Einstellung auf 100 keine Zeit zugewiesen, da diesen Feldern keine Betriebe zugeordnet wurden; 67 % der verfügbaren Zeit wird für die Gefährdungskategorie 2 verwendet; 19 % für Kategorie 3 und 14 % für Kategorie 4. Für Kategorie 5 gilt das wie zu Kategorie 1 erläuterte.
 
Nach Betriebsgrößen aufgeschlüsselt verteilt sich die Zeit entsprechend den Feldern darunter mit 16 % der verfügbaren Zeit für Betriebe der Größenordnung I, 24 % für Betriebe der Größenordnung II, 50 % für Betriebe der Größenordnung III und 10 % für die Größenordnung IV. Durch dieses auf den ersten Blick seltsam erscheinende Verfahren wird erreicht, dass die Verteilung der Zeit nicht auf die Gesamtheit der Betriebe bezogen vorgenommen wird, sondern die Prioritätensetzung auf den einzelnen Betrieb bezogen ist. Somit wird die zur Verfügung gestellte Zeit der tatsächlichen Prioritäteneinstufung des einzelnen Betriebes gerecht.
 
Da diese Angaben aber noch wenig aussagekräftig sind, wird direkt darunter die Auswirkung der eingestellten Prioritätensetzung dargestellt (Abb. 14).
 
 
Die dort dargestellten Tabellen geben einmal Auskunft über den erwarteten Abstand zwischen zwei Revisionen in einem Betrieb und zum anderen kann man in der zweiten Tabelle die zu erwartende Anzahl der Revisionen je nach Rasterfeld ablesen.
 
Hier kann man auch sehr deutlich die Auswirkung der Einstellungen zur Gewichtung der verschiedenen Kriterien erkennen. Dies soll im Folgenden am Beispiel eines Betriebes der Gefährdungskategorie 2 und der Größenordnung III erläutert werden:
 
Dieser Betrieb wird 10 x häufiger revidiert als ein Betrieb der gleichen Größenordnung der Gefährdungskategorie 4 (Einstellung 100:10). Gleichfalls wird er nur halb sooft revidiert als ein Betrieb der gleichen Gefährdungskategorie in der Größenordnung II (Einstellung 50:25).
 
Insgesamt sind bei dieser Einstellung 844 Routinerevisionen pro Jahr zu erwarten. Dies hört sich zunächst recht wenig an, jedoch handelt es sich dabei um abgeschlossene Betriebsrevisionen, aufgrund derer der Betrieb eine bestimmte Zeit nicht mehr revidiert werden muss. Zudem sind hier die Revisionen, die aufgrund von Sonderprogrammen durchgeführt werden, noch nicht eingerechnet, so dass die tatsächliche Anzahl aller Revisionen höher liegen muss.
 
Diese Zahlen sind letztlich aber von den Personen abhängig, die die Gewichtung vornehmen. Durch die Abbildung der Auswirkung direkt unter den Eingabefeldern können sie direkt entscheiden, ob die Prioritätensetzung ihrem Willen entspricht bzw. ob sie das Ergebnis vertreten können. Ansonsten müssen sie die Gewichtungen entsprechend korrigieren.
 
 

7.3 Erläuterung des Berechnungsschemas

 
Sind alle Eingaben getätigt und die Anzahl der Betriebe in die entsprechenden Datenfelder eingetragen, kann die Berechnung begonnen werden.
 
Zunächst wird für jedes Rasterfeld die Zeit (Zgewichtet) berechnet, die aufgrund der Multiplikation mit den Gewichtungsfaktoren benötigt würde, um jeden Betrieb in diesem Rasterfeld (BetriebeRasterfeld) der Gewichtung entsprechend häufig in einem Jahr revidieren zu können. Damit ergibt sich für jedes Rasterfeld die Formel:
 
Zgewichtet = Anzahl der BetriebeRasterfeld x benötigte Zeit pro RevisionRasterfeld x GewichtungRasterfeld

Für das Rasterfeld Gefährdungskategorie 2 der Größenordnung I ergibt sich damit beispielsweise ein Zeitbedarf von 4.230.000 Tagen (= 47 x 9 Tage x 100 x 100). Summiert man den Zeitbedarf für alle Rasterfelder zusammen, so würden in einem Jahr 36.106.000 Tage benötigt. Da im vorliegenden Beispiel aber nur 2025 Tage zur Verfügung stehen, muss die Summe der benötigten Zeit dazu in Relation gesetzt werden, indem man die verfügbare Zeit durch die benötigte Zeit dividiert. Damit ergibt sich ein Relationsfaktor von 5,6 * 10-5.

Durch Multiplikation der benötigten Zeit je Rasterfeld mit dem Relationsfaktor ergibt sich die Zeit, die in einem Jahr für die einzelnen Rasterfelder für Revisionen zur Verfügung gestellt werden. Für das Beispiel bedeutet dies, dass für das Rasterfeld Gefährdungskategorie 2, Größenordnung I lediglich 237,24 Tage zur Verfügung gestellt werden. Teilt man diese Zeit auf die 47 Betriebe auf, so stehen für jeden Betrieb 5,05 Tage zur Verfügung. Da laut Vorgabe aber 9 Tage für eine Revision benötigt werden, heißt das, dass jeder Betrieb in diesem Rasterfeld alle 1,78 Jahre revidiert werden kann.
 
An dieser Stelle wird auch der Prioritätenmultiplikator (P) berechnet. Hierbei handelt es sich um die Zeit, die jedem Rasterfeld pro Jahr aufgeteilt auf die Anzahl der Betriebe zur Verfügung gestellt wird. Damit ergibt sich für den rasterfeldabhängigen Prioritätenmultiplikator die Formel:
 
PRasterfeld = Zgewichtet x Relationsfaktor
--------------------------------------
Anzahl der BetriebeRasterfeld
     
  = benötigte Zeit pro RevisionRasterfeld x GewichtungRasterfeld x Relationsfaktor
 
Wenn PRasterfeld ermittelt worden ist, wird dieser jedem Betrieb zugeordnet, der diesem Rasterfeld angehört. In der Datenbank wird dann der RSA-Index bestimmt.
 
Dieser berechnet sich nach der Formel:
 

RSA-Index = PRasterfeld x abgelaufene Zeit seit der letzten Gesamtrevision


Nun ist es aber so, dass bei Einführung des Systems keine Daten über die abgelaufene Zeit seit der letzten Gesamtrevision vorliegen. Daher ist es notwendig, das Datum der letzten Gesamtrevision festzulegen.
 
Damit nicht alle Betriebe eines Rasterfeldes (für diese gilt: PRasterfeld = konst.) zur gleichen Zeit durch das System der RSA eingesteuert werden, muss durch eine Rechenroutine in der Datenbank das letzte Revisionsdatum festgelegt werden. Dabei müssen die Datumsangaben für Betriebe des gleichen Rasterfeldes so terminiert werden, dass sie sich gleichmäßig auf den Zeitraum verteilen, der dem Abstand zwischen zwei Revisionen in diesen Betrieben entspricht.
 
 

7.4 Einsatz von ASCA-Checks und Sonderprogrammen in der RSA

 
ASCA bietet die Möglichkeit, sehr umfassend das Arbeitsschutzmanagement in Unternehmen zu verbessern. Daher sollte dieses Instrumentarium dazu verwendet werden, Betriebe aus dem Bereich der Gefährdungskategorien 1 bis 3 zu revidieren. Denn jede Verbesserung der Arbeitsschutzorganisation in einem Betrieb fördert nicht nur die Gesundheit der dort beschäftigten Personen wieder, sondern entlastet durch die daraus folgende Umgruppierung auch die Arbeitsschutzverwaltung, so dass dadurch frei werdende Kapazitäten für die Überwachung derjenigen Betriebe genutzt werden können, in denen der Arbeitsschutz noch zu wünschen übrig lässt.
 
Mit Sonderprogrammen sollte hingegen im Bereich der Gefährdungskategorien 3 bis 5 bzw. in Betrieben der Größenordnung IV revidiert werden, da sich hier aufgrund der relativ niedrigen Gewichtungen überlange Revisionsabstände ergeben. Dort evtl. vorhandene Probleme im Arbeitsschutz können somit auch dort überwacht werden. Durch entsprechende Gestaltung der Sonderprogramme - möglichst viele Betriebe in kurzer Zeit mit sehr geringem Verwaltungsaufwand revidieren - erreicht man auch hier eine flächendeckende Überwachung.
 
Damit sollte es trotz der knappen Ressourcen möglich sein, im Zusammenspiel zwischen Routinerevisionen, ASCA-Checks und Sonderprogrammen eine dem Arbeitsschutz dienliche flächendeckende Präsenz in den Betrieben zu gewährleisten.
 
 

8 Ausblick auf die zukünftige Entwicklung

 
Gerade in Zeiten des Umbruchs im Rahmen der Umsetzung der europäischen Richtlinien in deutsches Recht ist auch die Tätigkeit der Arbeitsschutzverwaltung einem starken Wandel unterworfen. Neue Aufgaben sind zu bewältigen, leere Kassen zwingen gleichzeitig zum Personalabbau und die Qualität der Arbeit soll verbessert werden. Wie wichtig ist in dieser Zeit deshalb ein Arbeitsmittel, das die immer knapper werdenden Ressourcen effektiv zum Einsatz bringt, und das ohne weitere Verwaltungskapazität zu verbrauchen!
 
Mit der rechnergestützten Steuerung der Aufsichtstätigkeit (RSA) wird der Arbeitsschutzverwaltung ein solches Arbeitsmittel an die Hand gegeben, das diese Eigenschaften in sich vereinigt. Durch seine sehr flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten in der Prioritätensetzung und im Zusammenspiel mit ASCA-Untersuchungen und Sonderprogrammen ist es in der Lage, sich allen Situationen anzupassen, ohne dabei seine Leistungsmerkmale einzubüßen.
 
Die RSA hat zudem noch einen weiteren Vorteil für die Arbeitsschutzverwaltung: Revisionen werden nach klar nachvollziehbaren Kriterien und allgemeingültigen Prioritätensetzungen festgelegt. Hierdurch entfallen sowohl Beschwerden über Ungerechtigkeiten als auch über Vernachlässigung der Aufsichtspflichten.

Zusammenfassend kann man damit feststellen, dass zukünftig durch die rechnergestützte Steuerung der Aufsichtstätigkeit Revisionen mit einer gewissen Regelmäßigkeit durchgeführt werden können, die für gefährliche Arbeitsplätze kürzere Revisionsintervalle gewährleistet. Gerade der Entwicklung der steigenden Eigenverantwortung der Betriebe durch ein qualitativ besseres Arbeitsschutzmanagement in den Betrieben wird die RSA gerecht. Durch die Einstufung in entsprechende Gefährdungskategorien können die Revisionsintervalle deutlich verlängert werden.

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